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  unser persönliches Portrait
 

… und Träume werden doch noch wahr!

Natallia Basaranovich aus Starie Milewitschi

Natallia kam im Alter von neun Jahren zum ersten Mal nach Deutschland und war seither etliche Male als Gastkind in der Südpfalz.

Die Regelungen des Vereins zur Einladung von Wiederholungskindern im Frühjahr machte dies möglich.

Sie ist jetzt 21 Jahre alt und vergleicht ihr Leben in Belarus mit dem in Deutschland:

 

Unser Dorf ist nicht groß. Wir haben eine Schule, einen Kindergarten, einige staatliche Geschäfte und seit kurzer Zeit zwei sog. „Privatgeschäfte“. Unser Dorf liegt am Fluss Slutsch, wo man ausgiebig angeln kann, es gibt hierfür keine Einschränkung. Um das Dorf herum befindet sich ein großes Waldgebiet und viel Ackerland. Es ist ein Naturparadies.
Leider ist bei uns der Anteil der alten Bevölkerung sehr hoch und es werden kaum noch Kinder geboren. Die jungen Leute siedeln alle um, weil es nur wenige Arbeitsmöglichkeiten gibt.

Ich bin das älteste von sechs Geschwistern. Mit den Eltern sind wir ein 8-Personenhaushalt. Kinderreiche Familien wie wir sind bei uns selten geworden. Wir wohnen im eigenen Haus und haben, wie alle Menschen im Dorf, auch Haustiere. Alle Haushalte haben sehr viel Ackerland, auf dem Gemüse angepflanzt wird. Auch haben wir unser eigenes Obst, denn nur so können wir überleben.
Unser Tagesablauf ist ganz normal: Alle stehen morgens auf und füttern die Tiere. Dann gehen die Älteren zur Arbeit und die Kinder gehen in die Schule. Meine Mama ist Bibliothekarin und Papa ist Feuerwehrmann.
Nach der Schule machen die Kinder ihre Hausaufgaben, helfen im Haushalt und gehen danach spielen. In unserer Schule gibt es sehr viele Sport- und Freizeitangebote, wie z.B. Volleyball, Näh- und Strickkurse u.v.m. Natürlich gibt es auch bei uns Kinder, die diese Angebote nicht nutzen und stattdessen lieber auf der Straße Fußball oder anderes spielen.
Unser Schulsystem beurteile ich als gut, lediglich das Fremdsprachenangebot könnte größer sein. Wir konnten nicht unter mehreren Fremdsprachen wählen, da an unserer Schule ausschließlich die deutsche Sprache gelehrt wird, und dies maximal an zwei Wochenstunden. Dabei habe ich mittlerweile erfahren, wie wichtig Sprachkenntnisse sind.

Wenn ich nach meinem ersten Deutschlandbesuch gefragt werde, so erinnere ich mich daran, dass die Leute so freundlich waren und dass auf den Fensterbänken Blumen wuchsen. Damals dachte ich, dass das bei uns nicht möglich wäre, weil die Blumen entweder gestohlen oder zerstört worden wären. Auch werde ich nie diese erste lange Fahrt vergessen, auf der es mir so schlecht ging, weil ich reisekrank war.
Meine beiden Gastfamilien in der Südpfalz erzählten mir später, dass ich mit großen Augen alles bestaunt hätte. Es war eben für mich alles neu und interessant. Und mein erstes Abendessen bei meinen Gastfamilien habe ich immer noch vor Augen, besonders, weil der Tisch so schön gedeckt war!

Damals, vor zwölf Jahren, konnten viele weißrussische Familien nicht verstehen, welch große Hilfe ihnen aus dem Ausland entgegen gebracht wurde. Alle fürchteten sich, ihre Kinder auf einen so langen Weg in die Fremde zu lassen. Aber als die ersten Kinder nach Hause zurückkehrten und erzählten, was für ein anderes Leben sie dort gelebt und wie sie die Zeit verbracht hatten und was es dort zu essen gab, wollten alle Kinder sofort nach Deutschland.

Ich selbst sehe in Deutschland viel Positives: Die Bescheidenheit der Leute, die Organisation des Verkehrs, weniger Korruption und dass nicht soviel Alkohol getrunken wird wie bei uns. Auch die vielen Aktivitäten und das Vereinsleben gefallen mir sehr gut. Besonders in der Pfalz sind die Leute sehr freundlich. Ich war immer sehr glücklich in der Pfalz und denke, dass das die anderen weißrussischen Kinder ebenfalls bestätigen würden. Meine Gastfamilien haben alles für mich getan, mir vieles gezeigt, vieles organisiert und mir viel geholfen. Ich denke, dass ich nur dort eine richtige Kindheit hatte. Zuhause hatte ich kaum Zeit zum Spielen, weil ich meiner Mama viel helfen und auf meine kleinen Geschwister aufpassen musste. Dieses Schicksal haben bei uns viele Kinder.

Seit Oktober 2006 bin ich bei einer Familie in Walldorf als Au-pair-Mädchen tätig. Ich betreue drei Kinder, Zwillinge (Jungs) im Alter von drei Jahren und einen neunjährigen Jungen. Meine Aufgaben dort sind Tätigkeiten im Haushalt sowie das Spielen mit den Kleinen, während der Große Hausaufgaben macht. Ich wohne bei einer wunderbaren Familie und wir verstehen uns sehr gut. Da mir meine Aufgaben dort viel Freizeit lassen, lerne ich mit Hilfe eines Sprachkurses Deutsch und konnte meine Sprachkenntnisse sehr verbessern. Vor kurzem habe ich noch mit Englisch begonnen.

Mein Berufswunsch ist es, in der Gastronomie zu arbeiten. Das würde mir viel Spaß machen.
Wenn ich meinen Deutschlandaufenthalt zu einer Ausbildung nutzen könnte, könnte ich die erlernten Kenntnisse in meiner Heimat einsetzen. Der Bereich Gastronomie ist in Weißrussland noch nicht entwickelt und ich beurteile die Zukunftsaussichten als sehr gut, besonders im Service. In Weißrussland kann das erforderliche Wissen nicht vermittelt werden.
Sollte mein Wunsch nicht verwirklicht werden können, so werde ich bereits im nächsten Sommer in die Heimat zurückkehren und versuchen, eine Arbeit zu finden und meine Berufswünsche zu realisieren.

Anmerkung der Redaktion: Natallia ist es mit Hilfe ihrer Gastfamilien gelungen, zum 1.8. diesen Jahres einen Ausbildungsplatz als Köchin in einer Gaststätte in Siebeldingen zu finden. Möglich war dies aufgrund akuten Mangels an deutschen Bewerbern, denn nur dann werden die erforderlichen Genehmigungen (wie z. B. die Arbeitserlaubnis) erteilt. Gemäß der Auskunft der Gastmutter hat sie dies auch nur mit einem unerhörten Maß an Ehrgeiz, Fleiß und Ausdauer geschafft. Sie hat den Sprachkurs in Deutsch mit „sehr gut“ bestanden, was unerlässlich ist und ihr jetzt weiterhilft.

Natallia schreibt uns im Nachgang: „Mein Traum ist wahr geworden. Hierbei hat mir meine Gastmutter sehr geholfen. Ganz Birkweiler und Schweigen-Rechtenbach half, meine Wohnung in Landau einzurichten. Vielen Dank diesem Verein dafür, dass mein Wunsch wahr wurde“.
      Aktualisiert am: 01.11.2008