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  unser persönliches Portrait
 

 

Interview mit

Helga Vogelgesang ,

langjährige Gastmutter

 

 

 

In welchem Jahr hatten Sie Ihr erstes Gastkind?
Im Sommer 1996 kam unser erstes Gastkind, die 9-jährige Weronika aus Najda zu uns. Zu dieser Zeit waren unsere eigenen Töchter 6 und 4 Jahre alt. Das war übrigens auch das erste Jahr, in dem über die Gruppe Landau-SÜW des Vereins Kinder in die Südpfalz eingeladen wurden. (Dies war damals möglich geworden auf Initiative von Renate Kohl aus Landau.)

Welche Erinnerungen haben Sie daran?
Ich erinnere mich noch genau, wie aufgeregt die ganze Familie war, je näher der Tag der Ankunft unseres weißrussischen Gastes kam. Leider verspätete sich der Bus so sehr, dass die Kinder sehr spät in Landau ankamen und unsere eigenen Töchter bereits schliefen. Uns wurde ein kleines, schüchtern Mädchen zugeteilt, das dann mitten in der Nacht mit einer für sie völlig fremden Familie allein nach Hause fahren musste. Dort angekommen, stellte sie ihre kleine Reisetasche ab, in der - wie ich am nächsten Tag bemerkte - so gut wie keine Kleidung war, wollte nur wissen, wo die Toilette ist, trank danach einen Schluck Wasser und ging ins Bett.

Welche besonderen Erlebnisse hatten Sie mit diesem Kind?
Es waren sehr schöne vier Wochen mit Weronika. Toll war, wie unkompliziert und schnell unsere Kinder mit ihr Freundschaft schlossen, wie sie versuchten, sich zu verständigen und miteinander spielten. Ich konnte auch feststellen, dass Weronika es sichtlich genoss sich manchmal neben mich zu setzen und in den Arm nehmen zu lassen. Sie liebte es, wenn ich ihr jeden Abend eine Gute-Nacht-Geschichte „vorlas“.

Hatten Sie danach weitere Kinder bei sich zu Gast?
Seit dieser Zeit hatten wir dann jedes Jahr Gastkinder im Sommer und ein bis zwei Wiederholungskinder in den Osterferien bei uns. Im Jahr 2000 hatten wir dann zum ersten Mal eine Betreuerin zu Gast, da ich mehr an der Organisation der Kindererholung beteiligt war. Manchmal hatten wir auch eine Betreuerin und ein Kind eingeladen. So war z.B. in diesem Jahr Wanja, ein Halbbruder unseres ersten Gastkindes Weronika bei uns, weil wir die dortigen Verhältnisse kennen und wissen, wie nötig es die Kinder aus dieser Familie haben, an einem Erholungsaufenthalt teilzunehmen.

Waren dies überwiegend Jungs oder Mädchen?
Da wir selbst zwei Töchter haben, hatten wir meistens Mädchen eingeladen. 1998 kam allerdings Weronikas Bruder Slawa und in diesem Jahr ihr Halbbruder Wanja.

Woher kamen Ihre Gastkinder jeweils? Direkt aus Shitkowitschi oder aus Dörfern?
Weronika und ihre beiden Brüder kamen vom Dorf, ein weiteres Mädchen kam aus Weresniza. Die anderen Kinder wohnten in Shitkowitschi.

Stellten Sie Unterschiede im Verhalten bei Kindern aus dem Dorf fest?
Da ich schon mehrmals, teilweise auch mit meiner gesamten Familie, an Studienfahrten nach Weißrussland teilgenommen habe, kenne ich die Familienverhältnisse - soweit ich das überhaupt beurteilen kann - in unseren Gastfamilien recht gut. Was jetzt unsere Gastkinder betrifft, so kann ich schon sagen, dass die Kinder, die vom Dorf kamen, im Großen und Ganzen unkomplizierter waren als die Kinder aus der Stadt Shitkowitschi. Sie freuten sich über jeden Ausflug, den wir mit ihnen unternahmen. Die Jungen waren zwar etwas „wilder“, aber eigentlich auch „pflegeleichter“ und waren zufrieden, wenn sie Fahrrad fahren konnten, ins Schwimmbad durften oder meinem Mann helfen „mussten“, wie z.B. beim Rasen mähen.

Stellten Sie im Laufe der Jahre bei den neuen Gastkindern einen Wandel fest?
Heute kommt es kaum noch vor, dass Kinder nur mit zwei Paar Socken und ein bisschen Unterwäsche im Gepäck ankommen. Das liegt wohl zum einen daran, dass viele der Kinder, die jetzt kommen, Verwandte haben, deren Kinder schon im Ausland zur Erholung waren, die auch schon mit Kleidung ausgestattet wurden und Sachen weitergegeben haben oder aber – was wohl eher der Fall ist – die wirtschaftliche Lage sich in Weißrussland gebessert hat.

Haben Sie für das Jahr 2007 geplant, wiederum einem oder mehreren Kindern einen Aufenthalt zu ermöglichen?
Da jetzt die Organisation der Sommerfreizeit der Gruppe Landau-SÜW hauptsächlich in meine Händen liegt (mit großer Unterstützung durch die ganze Familie), ist es von Vorteil, dass bei uns ein Betreuer bzw. eine Betreuerin wohnt, denn dorthin wenden sich die Gastfamilien bei Fragen und Problemen.
Kinder aus neuen Familien werden wir wahrscheinlich nicht mehr aufnehmen, da wir mittlerweile acht Familien im Kreis Shitkowitschi unterstützen und natürlich auch aus finanzieller Sicht Grenzen bestehen. Einladen werden wir wohl außer den Betreuern noch Geschwister von Kindern, die bereits bei uns waren, die jetzt erst in den kommenden Jahren 9 Jahre alt werden.
Egal aus welchen familiären Schichten die Kinder kommen, unter den gesundheitlichen Folgen in den nach wie vor belasteten Zonen leiden alle. Umso wichtiger ist der vierwöchige Erholungsaufenthalt der Kinder in Deutschland.

Das Interview führte Karla Sachs

 
      Aktualisiert am: 28.01.2007