P R O J E K T E
   
  Frühjahrskonvoi 2007
  ein Bericht von Waldemar Tamm    
       
 

Am Mittwoch, den 18.04.07 war es endlich soweit. Ich hatte mich das ganze Jahr darauf gefreut, sowohl die neugewonnenen Freunde vom Frühjahrskonvoi 2006, als auch die in Weißrussland wieder zu sehen. Wir starteten um 06.05 Uhr mit einem geliehenen Kleinbus und dem vereinsinternen Kleinbus und 5 Mann Besatzung. Reinhold und Peter kannte ich noch vom letzten Jahr, Günter fuhr zum ersten Mal „Konvoi“ und Karl hatte lange Jahre ausgesetzt.Wir fuhren über Frankfurt/ Oder und die neue Autobahn um Poznań Richtung Warszawa, wo unsere gute Stimmung ihren ersten kräftigen Dämpfer bekam. Für eine Europäische Hauptstadt ist die Beschilderung saumiserabel und so mancher Fluch begleitete unsere Richtungsfindung. An der Grenze in Terespol kassierte uns Polen völlig überzogen wegen eines, wenn auch nur sehr geringen, Verkehrsverstosses ab.

 
       
 

Der Schriftverkehr hierfür dauerte länger als die Grenzkontrolle. Auf Weißrussischer Seite empfing uns dann Iwan, der Fahrer des Reisebusses der Kinder und übernahm den vereinseigenen Kleinbus, welchen er dem Verein abgekauft hatte. Ihn zu behalten hätte für den Verein untragbare Reparaturkosten bedeutet, aber bei Iwan wird er bestimmt noch lange seinen Dienst tun.

Da wir am 19.04. dann schon sehr früh an unserem Ziel waren, sondierten wir gleich einmal in der Schule in Lenin unsere benötigte Hilfe und Räumlichkeiten.

Gegen 12.30 Uhr war ich dann bei meiner gastgebenden Familie eingetroffen und der Empfang von Tanja, der Familienchefin, war überschwänglich und herzlich. Oleg, ihr Mann, war auf der Arbeit und die Kinder in der Schule. Nach einem kräftigen Mittagessen musste ich erst einmal duschen und danach legte ich mich auf die Couch zu einem 3 stündigen, tiefen Schlaf. Durch das Eintreffen der Kinder wurde ich wach und es gab wieder freudige Begrüßungsszenen.

 
       
 

An diesem Abend fuhr Tanja noch über Nacht zum Heizen in das Gewächshaus, welches anscheinend sehr viele Weißrussen betreiben, um leben und überleben zu können. Ich war also schon am ersten Abend als Kinderaufsicht willkommen, was bei diesen Kindern (1 Junge, 2 Mädchen; alle zwischen 6 und 10 Jahren) bestimmt nicht nötig gewesen wäre, mir aber große Freude bereitete. Um 21.00 gingen wir dann müde aber glücklich schlafen.

 
       
 

Freitag, 20.04.07: Am nächsten Tag musste ich schon um 03.30 Uhr aufstehen, da wir auf dem Großmarkt in Minsk Lebensmittel für 300 Pakete oder besser Taschen/ Tüten einkaufen mussten. Wir waren auserkoren um einen Versuch durch zu führen um mit, in Deutschland gespendetem Geld, Weißrussische Lebensmittel einzukaufen, zu verpacken und zu verteilen. In Lenin nahmen wir noch Wasili als Vertreter des Weißrussischen Vereins und Dolmetscher mit. Iwan diente uns mit seinem großen Reisebus als Transportmittel für diese riesige Menge an Produkten.

 
       
 

Es war schon erstaunlich, mit welcher Zielstrebig- und Hartnäckigkeit unser Konvoileiter Reinhold Sauer mit den Weißrussen verhandelte, da diese dieses Handeln anscheinend nicht kannten. Für uns bedeutete dies natürlich immer längere Wartezeiten, aber es brachte auch enorme Einsparungen ein. Als alles verladen war, fuhren wir in die Schule nach Lenin und luden alles, unter Mithilfe einiger Schulkinder, in einen Klassensaal aus.

Um 20.00 Uhr hatte ich Feierabend und traf zu Hause nun, wenn auch nur kurz, Oleg. Heute musste er ins Gewächshaus. Um 22.30 Uhr war Nachtruhe.

 
       
 

Samstag, 21.04.07: Heute beginnt mein Arbeitstag erst um 07.30 Uhr. Wir fahren nach Lenin in die Schule und packen die Lebensmitteltaschen. Bei dieser Arbeit haben wir den effektivsten bzw. besten Weg noch nicht gefunden, da man Weißrussische Hilfe braucht, diese aber nicht mit Deutscher Logik und Arbeitsteilung reibungslos durchführen kann. Aber schließlich haben wir es, wenn auch mit einem Konvoiteilnehmer weniger, doch geschafft. Auf unserem Rückweg darf ich dann noch meine Lieblingsdolmetscherin Elena herzlich begrüßen und für die nächsten 2 Tage engagieren. Um 17.30 Uhr war Feierabend, ich pflegte Weißrussisches Familienleben, Tanja versuchte mir einige russische Wörter beizubringen und wir warteten auf Walentin, den 18jährigen Sohn, der 2000 bei meiner Familie als Ferienkind in Deutschland war. Wieder großes Hallo und einigermaßen ordnungsgemäße Gespräche, da wir beide über relativ gute Englischkenntnisse verfügen.

 
       
 

Am Sonntagmorgen begannen wir erst um 08.30 Uhr und füllten zu viert und der Hilfe von Viktor in 3,5 Stunden ca. 3,5to Saatkartoffeln von 35kg Säcken in 25kg, 10kg und 5kg Säcke um. Eine höllische Arbeit, aber es machte doch Spaß und es wurde viel gelacht. 13.30 Uhr Feierabend. Nach dem Mittagessen, was wieder einmal köstlich schmeckte, bekam ich den Arbeitsplatz von Oleg und auch das im Rohbau befindliche Haus der Familie gezeigt; es hatte gegenüber letztem Jahr gute Fortschritte gemacht. Auch das Gewächshaus durfte bei unserer Rundfahrt natürlich nicht fehlen. Gegen Mitternacht habe ich dann Walek verabschiedet, der wieder zurück zu seinem Ausbildungsplatz nach Gomel musste und bin schlafen gegangen.

 
       
       
       
 

Am Montag, den 23.04. begann unser Arbeitstag erst um 09.00 Uhr mit der Fahrt nach Lenin.

Nachdem wir Elena abgeholt hatten, beluden wir in der Schule unseren Kleinbus mit Lebensmitteltaschen und Elena, Reinhold und ich fuhren diese in die umliegenden Ortschaften zu ihren Empfängern. Währenddessen beluden Karl und Peter, wieder mit Hilfe einiger Schulkinder, den Schulbus mit diesen Taschen. Als wir von unserer Auslieferungstour, gegen 13.30 Uhr, zurück waren, fuhren wir gemeinsam mit den 2 Bussen nach Shitkowitschi zum Snap (bewachtes Lager des Vereins), luden einen Teil der Taschen aus und 140 Stck. – 10 kg Kartoffelsäcke und 140 Apfelbäumchen, sowie 15 Kleiderpakete ein. Um 16.20 Uhr erreichten wir den Ort Chotschen bei Turov, in welchem jeder Haushalt von uns, mindestens eine Lebensmitteltasche, einen Sack Kartoffeln und ein Apfelbäumchen erhielt.
 
       
 

Hier erlebten wir dann wieder Momente, welche uns vor Augen führten, warum wir das Alles machen. Viele alte, alleinstehende Frauen und Männer mit Tränen in den Augen und nicht enden wollender Dankesworte. Um 20.30 Uhr luden wir die Zuteilungen für die letzten 12 Familien zentral ab und schickten den Schulbus mit Elena zurück nach Lenin. Eine sehr aktive Frau mittleren Alters, die uns schon die ganze Zeit begleitet hatte, rief diese Familien an und lud uns dann auch noch zum Abendessen ein.

So hatte ich dann um 22.30 Uhr Feierabend und ging eine Stunde später schlafen.

 

 
       
  Der 24.04. begann, als Arbeitstag, um 08.00 Uhr mit der Fahrt zu Elena und der Schule, wo wir die restlichen Lebensmitteltaschen luden und eine kurze Tagesplanung absprachen. Dann ging es zurück zum Snap, die Taschen raus, Kinderwagen und Bettzeug rein und wieder nach Chotschen zur ``Chefin´´. Dort wieder alles ausladen, da wir gestern keinen Stauraum mehr in unseren Fahrzeugen hatten. Gegen 14.00 Uhr beluden wir dann am Snap unseren Bus erneut mit Lebensmitteltaschen, Kartoffeln und Bäumchen und verteilten diese im Nordostkreis von Shitkowitschi. Wir luden dann nochmals für den Nordwestkreis und waren um 20.00 Uhr mit dem Verteilen fertig.  
       
 

Auffällig war, genauso wie letztes Jahr, dass die Menschen, sowohl in den Dörfern als auch in der Stadt, sich untereinander, namentlich, wenig kennen (oder kennen wollen) und wenn, dann meistens mit irgendwelchen Spitznamen. Auch kommt man mit Straßennamen oft nicht weiter, da die meisten anscheinend unbekannt sind. Und fast unmöglich ist es Adressaten zu finden, von denen nur der Name und Ort angegeben ist. Wir verabschiedeten uns dann noch herzlich, ich besonders, von Elena, da wir sie diese Jahr wohl nicht mehr treffen würden. Um 21.00 Uhr war Feierabend und nach der Dusche, dem Abendessen, der Spielstunde mit den Kindern und der abschließenden Flasche Moldawischen Rotwein mit Tanja, Oleg war wieder auf Arbeit, ging’s um 24.00 Uhr zum Schlafen.

 
       
 

Mittwoch, 25.04.: Als Reinhold mich um 09.00 Uhr abholte, hatte er schon 2 Hiobsbotschaften zu beheben versucht. Wir bekamen das versprochene Fahrzeug nicht und auch die neue Dolmetscherin hatte heute Morgen abgesagt. Also fuhren wir weiter mit unserem Kleinbus und Reinhold machte Druck wegen einer anderen Dolmetscherin. Während des Beladens traf die neue Dolmetscherin ein. Eine sehr nette, ältere Deutschlehrerin von der Berufsschule in Shitkowitschi. Ebenfalls mit dem Namen Elena – Elena 2. Dann ging unsere erste Tour in den Südwestkreis, in Orte, in die Elena 2 auch zum ersten Mal kam. Um 14.30 Uhr brachten wir Elena 2 und Peter dann nach Hause und luden dann nochmals für 4 Familien und brachten alles nach Cherwonje zu Iwan, der die Familien benachrichtigte und die Sachen abholen lies.

 
       
  Um 19.15 Uhr waren wir dann etwas verspätet, aber bester Laune im einzigen Restaurant von Shitkowitschi, zusammen mit den Ehepaaren, welche uns beherbergten zu einem Abendessen eingeladen. Es war ein schöner Abend, mit einem guten Essen, viel Lob für unsere Arbeit, aber auch leichter Kritik, von unserer Seite, an einigen Missständen bei unserem Weißrussischen Partnerverein. Gegen 23.00 Uhr schlief ich auf meiner Couch.  
       
 

Der letzte Tag 26.04. begann ohne Frühstück, da ich verschlafen und Tanja mich nicht geweckt hat. Reinhold holte mich um 08.00 Uhr ab und als wir alle, einschließlich Elena 2 eingesammelt hatten, beluden wir im Snap wieder unseren Bus. Wir verteilten nochmals im westlichen Raum des Kreises, wo sich Elena 2 gut auskannte. Gegen 11.30 Uhr brachten wir Elena nach Hause und verabschiedeten uns auch von ihr sehr herzlich. Danach luden wir im Snap zum letzten Mal für dieses Jahr die Pakete für die letzten 4 Familien in Turov und brachten diese in eine Schule, wo über die Kinder dann die jeweiligen Familien benachrichtigt wurden. Um 14.00 Uhr war Feierabend, wir hatten unsere Arbeit, nach Aussage unseres „Chefs“ Reinhold, in großer Bravour erledigt.

 
       
  Den Rest des Tages verbrachte ich mit „meiner Familie“ und 2 Freundinnen von Tanja im Wald beim Zubereiten und Verzehren einer echt russischen Fischsuppe über einem Lagerfeuer, eingebunden in einem weißrussischen Picknick - einfach nur gut und schön. In der Wohnung erzählten wir dann noch viel, sahen fern, tranken noch eine Flasche Rotwein zusammen und gingen dann um 23.00 Uhr schlafen.  
       
 

Der 27.04. begann dann kurz vor 07.00 Uhr und als ich mich dann von allen verabschiedete spürte ich wieder, wie letztes Jahr und besonders als ich die Kinder hielt, diese wässerigen Augen bei mir und den komischen Klos im Hals. Aber es musste ja sein und wahrscheinlich bzw. hoffentlich sehen wir uns alle ja nächstes Jahr gesund wieder. Um 07.50 Uhr holte Reinhold mich ab und um 12.20 waren wir schon wieder an der Grenze und hatten unzählige Pkws vor uns. Aber Dank einer sehr netten, jungen deutschen Studentin aus Hamburg, die mit ihren Eltern auf der Heimreise aus Minsk war und eines gut deutsch sprechenden Polen, wurde aus unseren Papieren doch noch unser humanitärer Einsatz erkannt und wir wurden bevorzugt behandelt. So fuhren wir schon um 13.40 Uhr(Zeitumstellung) Richtung Warszawa.

 

 
       
 

Und wir machten wieder den Fehler durch die Stadt zu fahren. Der pure Wahnsinn und das noch im Feierabendverkehr. Reinhold versprach mir: Nie mehr durch Warszawa.

Aber schließlich waren wir dann um 01.30 Uhr an unserer Grenze und ich schließlich um 10.00 Uhr zu Hause. 10 anstrengende, aber auch sehr schöne Tage waren viel zu schnell vergangen und ich freue mich schon auf nächstes Jahr.

 
       
 

Abschließend möchte ich bemerken, dass die Aktion mit den in Weißrussland eingekauften Lebensmitteln prinzipiell voll in Ordnung geht, aber hauptsächlich für die ärmere Landbevölkerung. Die Leute in der Stadt oder die, welche schon über Jahre Lebensmittelpakete aus Deutschland erhalten, haben da schon andere Ansprüche oder Erwartungen. Außerdem sollte man den Inhalt der Taschen an 2 Positionen überdenken (Ketchup in Plastikflasche, Honig). Die in Minsk gekauften Plastiktüten waren von minderer Qualität und rissen oft an den Trägern aus. Auch ist das Verschließen der Taschen mit Hilfe eines Tackers praktisch nicht wirklich optimal (reist zu leicht aus).

 
       
 

Bei der Aktion mit den Weißrussischen Saatkartoffeln werden oftmals eigentlich deutsche Kartoffeln erwartet. Mehr als einmal hörten wir: Was soll ich damit, die habe ich selbst.

Oder aber sie werden an Adressaten gesandt, welche überhaupt keine Anbaumöglichkeiten haben (hauptsächlich in der Stadt). Aber für die arme Oma auf dem Land ist diese Aktion bestimmt sehr gut.

 
       
 

Und nun zum Schluss ein Wort zu Dr. Saur. Ich habe persönlich noch keinen Menschen kennengelernt, der mit so viel Herzblut an die ihm übertragene Aufgabe herangeht, sich so einsetzt, sich durch keinen Rückschlag umwerfen lässt, immer wieder neue Lösungen auftut und das immer unter der Prämisse: gut und günstig für den Verein KvS und gut für die Leute in Weißrussland. Da werden, bis spät in die Nacht, immer wieder neue Pläne geschmiedet, neue Listen geschrieben um die Verteilung zu optimieren, telefoniert und konferiert um den ordnungsgemäßen Ablauf des nächsten Tages zu sichern, was in Weißrussland ja fast unmöglich ist und am frühen nächsten Morgen geht es direkt weiter. Auch dass er als Verantwortlicher des obigen Konvois einen Teilnehmer ausschloss, verstehe und unterstütze ich voll. Danach lief alles reibungsloser und einvernehmlicher. Hut ab vor diesem Mann.

 
       
 

Mit den allerherzlichsten Grüßen aus der Westpfalz

Waldemar Tamm

   
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      Aktualisiert am: 23.02.2010